Airlines fürchten Fass ohne Boden
Der Flughafen Kassel-Calden wird dauerhaft nicht ohne Subventionen auskommen. Diese Befürchtung hat der Luftverkehrsverband Barig geäußert. Außerdem werde Kassel-Calden anderen Airports Fluggäste wegnehmen.
Der Flughafen werde aus eigener Kraft wegen der Nähe zu anderen Flughäfen wie Paderborn und Frankfurt nicht genügend Passagieraufkommen erhalten, erklärte Barig-Generalsekretär Martin Gaebges in einem dpa-Gespräch. "Bisher kann ich aus Äußerungen weder von Ryanair noch von Easyjet noch von anderen Fluggesellschaften ableiten, dass sie ein besonderes Interesse hätten, nach Kassel-Calden zu gehen." Barig vertritt fast alle in Deutschland tätigen Fluggesellschaften.
Lockmittel Geld
Zwar hätten der Betreiber von Kassel-Calden und Lokalpolitiker angekündigt, Billigflieger anlocken zu wollen. "Wobei natürlich der Ausdruck anlocken schon darauf hindeutet, dass man irgendein Lockmittel in die Hand nehmen muss, am besten Geld. Das heißt, das dürfte nicht gerade billig werden", sagte Gaebges.
Das Land, die Stadt Kassel, der Landkreis und die Gemeinde Calden wollen die bisher 1.500 Meter lange Piste, die für Geschäftsflugzeuge ausreicht, durch eine 2.500 Meter lange Bahn ersetzen und damit auch Flüge von Ferienfliegern ermöglichen. Das Projekt kostet mindestens 151 Millionen Euro und wird überwiegend vom Land bezahlt.
"Hahn auch nicht profitabel"
Problematisch sei auch, dass Kassel-Calden nur auf Kosten der umliegenden Flughäfen Frankfurt, Paderborn und Hannover wachsen könne. Auch führten eng beieinander liegende Flughäfen dazu, dass bei jeweils weniger Verkehr die Kosten für die einzelnen Standorte stiegen. Der Airline-Verband fürchtet, dass diese Kosten auf die Fluggesellschaften abgewälzt werden könnten.
Auch bezweifelt Gaebges, dass Kassel-Calden jemals profitabel sein werde, dafür sei der Flughafen einfach zu klein. "Man muss eine kritische Masse von etwa einer Million Passagiere im Jahr erreichen" sagte Gaebges. Für Kassel-Calden gehen Gutachten für 2020 von rund 640.000 Passagieren im Jahr aus. Und selbst der Flughafen Hahn im Hunsrück mit fast vier Millionen Passagieren und einer großen Menge Fracht sei nicht in der Lage, schwarze Zahlen zu schreiben.
"Luftverkehr keine Ländersache"
Gaebges forderte den Bund auf, die Flughafenplanung zu koordinieren. "Im Bundesverkehrswegeplan sind die Flughäfen nicht enthalten. Das heißt, man plant zwar die Straßen und die Schienen bis an den Flughafen ran, aber was am Flughafen passiert, ist nicht Sache des Bundes und wird nicht vom Bund gesteuert." Es müsse ein "Flughafenkonzept des Bundes" geben, das festlegt, welche Flüghäfen ausgebaut werden. "Luftverkehr viel zu wichtig, als dass man das den Ländern überlassen könnte."
Landesregierung will Ausbau unbedingt
Der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden ist ein Projekt der schwarz-gelben Landesregierung. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) spricht von "dem herausragende Zukunftsprojekt für die Region". Ein leistungsfähiger Flughafen ist für die Entwicklung des Logistikstandortes Nordhessen unabdingbar, so das Credo. Eine neue Start- und Landebahn kann nach Angaben von Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) voraussichtlich im Frühjahr 2012 in Betrieb genommen werden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht Ende April grünes Licht für die Erweiterung gegeben hat.
Auch seitens der Europäischen Komission in Brüssel gibt es keine Bedenken gegen den Ausbau und die Verwendung von dafür nötigen Steuergeldern. Die nötigen Investitionshilfen des Landes seien mit EU-Recht vereinbar.
Anwohner und Umweltschützer hatten bis zuletzt versucht, den Ausbau zu verhindern. Sie fürchten Schäden für die Natur und eine zusätzliche Lärmbelastung.
Quelle: http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36086&key=standard_document_37218188