- Offizieller Beitrag
Mit diesem Brief nimmt ein Pilot Abschied von Air Berlin
ZitatAlles anzeigen"Tja das wars dann wohl, der letzte Flug, die letzte Landung, das letzte Schokoherz wurde verteilt, eine Ära geht zu Ende.
Es hat leider einen faden Beigeschmack, wie schäbig das hier in der letzten Zeit gelaufen ist, wenn man die tausenden Mitarbeiter in den letzten Wochen, Monaten und ja ... Jahren gesehen hat, wie sie alle bereit waren über diesen langen Zeitraum für eine Firma zu kämpfen, an freien Tagen arbeiten gingen, ihren Urlaub zurückgegeben haben oder in ihrer Freizeit Gepäckstücke sortiert haben und bis zum letzten Tag gehofft haben, dass das nicht umsonst war und der Kampf sich am Ende lohnt oder zumindest dass es einem jemand dankt.
Wahre Leidenschaft für eine Firma, die für alle Beteiligten ein Stück Heimat war.
Keiner Sprach mit den Mitarbeitern
Und sogar als längst klar war, dass es mit Air Berlin zu Ende geht, was wir alle aus der Zeitung oder über Facebook nebenbei erfahren haben und als über 12 lange Wochen keiner dieser Kommunikationsexperten mit uns gesprochen hat, als die "Interessenten" bei Champagner und Kaviar (offiziell Kaffee und Butterkekse) über 3 Monate heimlich überlegt haben, wie sie ein möglichst großes Filetstück dieser Firma zu billigen Konditionen abgreifen können, hat vermutlich keiner der Beteiligten daran gedacht, dass sie auch über die Zukunft von Menschen entscheiden, über persönliche Schicksale die sich aus der Situation ergeben.
Aber vermutlich war es von Anfang an Teil des Plans. Wenn man die betroffenen Arbeitnehmer möglichst lange im Unklaren lässt, hier und da Gerüchte und Pressemitteilungen streut und damit Existenzängste schürt, drückt man den Preis mit jedem Tag.
Euer Plan hat funktioniert, mein Glückwunsch, aus eurer Sicht habt ihr alles richtig gemacht! Man könnte aber auch sagen, es ist ganz schlechter Stil, es ist unanständig und ihr habt unnötigerweise viel Vertrauen verspielt.
Großartige Firma mit Seele
Leider ist es ein Zeichen unserer Zeit, dass die Leute, die hier die Laterne am Leuchten gehalten haben, sich nicht ihr Millionengehalt für ein halbes Jahr Arbeit als Banksicherheit im Voraus haben auszahlen lassen, von dem sie eine gewisse Zeit überbrücken können und leider stolpern sie auch nicht in den nächsten überbezahlten Managerposten. Auch wenn es immer Schwierigkeiten, schlechte und nervige Phasen gab, und ja, die gab es, wie haben wir geflucht und geschimpft, da waren auch echt verrückte Sachen dabei, die auf Dauer einfach nicht gutgehen konnten.
Und doch: Ich hatte hier eine ganz großartige Zeit, hatte oft Spaß bei der Arbeit, habe viel erlebt, viel gelernt, bin viel herumgekommen, manchmal mehr als nötig und bin (selbsternannter) Ehrenbürger in Krakau (inklusive Zinnteller, den ich zu Hause nicht aufhängen kann, weil er zu hässlich ist) geworden. Das Wichtigste aber: Ich hatte ganz tolle Kollegen, die gerade in schweren Zeiten mit einer Leidenschaft und Begeisterung bei der Arbeit waren, wie ich es noch nicht erlebt habe, in einer großartigen Firma mit Seele, die es so schnell nicht wieder geben wird.
Die Vorstand-Chefs waren nie Air-Berliner
Und, nein: Winkelmann, Pichler, Mehdorn und Co., ihr wart keine von uns, niemals, ihr wart nie Air-Berliner, ihr seid nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt, ihr habt einfach nicht den gleichen Spirit, und ihr solltet schon wissen, wen ihr da in euren Hinterzimmern gekauft habt und jetzt versucht gegeneinander auszuspielen, bestens ausgebildete Menschen mit dem Herz am richtigen Fleck und einer Arbeitseinstellung, die ihr vermutlich nicht kennt.
Egal wie schlecht oder gut das hier für uns ausgeht, die gute Zeit nimmt uns keiner. Wir gehen hier als Gewinner, wir waren Teil eines der vermutlich mutigsten und ambitioniertesten Start-ups in der Branche, wir waren Air Berlin!
Vielen Dank euch allen für die letzten Jahre, ihr bleibt für immer in meinem Herzen! Es ist vorbei, Strich drunter, jetzt geht was Neues los.
Viel Glück uns allen und vielleicht bis bald!"
Bastian Landgraf