ADDNAR - Kann man das kaufen??

Hallo liebe Kollegen der Kurzstrecke,

ich habe mir gedacht, ich möchte euch heute mal ein - für die Meisten wohl eher noch unbekanntes - Verfahren vorstellen, dass ich selber erst vor ein paar Monaten kennen lernen durfte.

Bitte nagelt mich nicht auf Korrektheit fest und ihr seid frei, weitere Ergänzungen oder Verbesserungen zu machen, sollte euer Wissen etwas Fortgeschrittener sein. Gerne können wir hier über das Thema auch diskutieren.

Aber nun mal zum eigentlichen:

Es geht um die Treibstoffplanung "without destination alternate aerodrome":

Was sind die requirements für eine Planung ohne eine destination alternate?
- Die geplante Flugzeit oder die restliche Flugzeit im Falle eines "inflight replanning" muss
kleiner gleich 6h betragen
- Es muss zusätzlicher Treibstoff mitgeführt werden (siehe unten)

- Destination Aerodrome requirements:

Folgende Begebenheiten müssen für eine Zeitperiode +- 1h vor der erwarteten Ankunftszeit
(ETA) am Zielflugplatz gegeben sein:
- Je nach dem, welcher Wert höher ist, muss die Hauptwolkenuntergrenze größer gleich
2000ft oder der Platzrundenhöhe (circling height) + 500ft betragen
- Die geschätzte Sichtweite (visibility) muss größer gleich 5km sein
- Es müssen zwei separate und nutzbare Pisten zur Verfügung stehen
- Es muss mindestens ein nicht GNSS basierender Instrumentenanflug zur Verfügung stehen

Fuel calculation:
Es müssen mindestens 15min holding fuel auf 1500ft über destination elevation eingeplant werden. Die Fuel figures müssen für die erwartete Landemasse berechnet werden.

In PFPX können wir dieses Verfahren anwenden, indem wir unter Alternates "None" eintragen. Im OFP wird automatisch eine Zeile "NO ALTN" hinzugefügt mit einer Treibstoffmenge, berechnet unter den oben beschriebenen Vorgaben.

Wollen wir dem Verfahren zum Schluss vielleicht auch noch einen Namen geben:
ADDNAR (Additional (Fuel) No Alternate required)

Warum diese Methode?
Hauptsächlich um Treibstoff einzusparen.

Da ich ausschließlich auf der Kurzstrecke unterwegs bin, wende ich fast nur noch dieses Verfahren an. Probiert es einfach mal aus!

Gruß Alexander

Zur Erklärung:

Isolated Aerodrome Procedure:

Hier ist es so, dass sich kein geeigneter Ausweichflughafen in der Nähe des Zielflugplatzes befindet.
Haben wir diese Situation, wird das Isolated Aerodrome Procedure angewandt.

Fuel calculation:
Bei diesem Verfahren sind keine Alternate und Final Reserve Fuel erforderlich!
Diese beiden Einheiten werden durch die Additional Fuel Figures ersetzt.

Hier muss man auch wieder aufpassen wie die Treibstoffmenge berechnet wird.

Man unterscheidet zwischen:
- Luftfahrzeuge mit Kolbenmotoren
- Luftfahrzeuge mit Turbinentriebwerken

1. Luftfahrzeuge mit Kolbenmotoren:
Additional Fuel: 45Min + 15% der geplanten Reiseflugzeit, höchstens jedoch für 2h!

2. Luftfahrzeuge mit Turbinentriebwerken:
Additional Fuel: Nach Erreichen des Destination Aerodromes muss noch für weitere 2h mit dem Verbrauch wie im Reiseflug geflogen werden können.

Also die beiden Verfahren haben meiner Meinung nach nichts miteinander zu tun.
Vielleicht ist dieses ganze Verfahren (ADDNAR) Company abhängig. Jede Airline wird eine andere Fuelpolitik haben.

Aber in Europa wird es mit Sicherheit angewandt, da ich darüber mit einem Piloten von der SWISS gesprochen habe.

EDIT: An dieser Stelle muss ich mich vielleicht noch einmal widersprechen:
EU-OPS 1.295 schreibt vor, dass für jeden Instrumentenflug ein Ausweichflughafen in der Nähe des Zielflugplatzes bestimmt werden muss, außer der Zielflugplatz liegt isoliert.
Aber gibt es davon nicht nochmals eine extra Version, die EU-OPS LX? So tief bin ich jedoch auch nicht mehr involviert.

Also Leute, ich habe nochmals etwas recherchiert.

Laut EU-OPS 1.295 (a) hat ein Luftfahrtunternehmer für die Planung eines Fluges Verfahren für die Auswahl von Ausweichflugplätzen gemäß OPS 1.220 festzulegen.
OPS 1.220 besagt, dass vom Luftfahrzeugunternehmer nur Flugplätze für die Benutzung ausgewählt werden dürfen, die für die eingesetzten Luftfahrzeugmuster und den vorgesehenen Flugbetrieb geeignet sind.

EU-OPS 1.295 (c) sagt aus, dass ein Luftfahrtunternehmer für jeden Instrumentenflug wenigstens einen Bestimmungsausweichflugplatz festzulegen hat, außer, einer der beiden folgenden Fälle tritt ein:

Fall 1:
(i)Wenn die Dauer des geplanten Fluges von Start bis zur Landung, oder im Falle eines "inflight replanning" in Übereinstimmung mit OPS 1.255(d) die restliche Flugzeit zur Destination nicht 6h überschreitet, und
(ii) bei der Destination zwei separate Pisten verfügbar und nutzbar sind. Der Wetterforecast muss in einer Zeitperiode von 1h vor ETA bis 1h nach ETA folgende Bedingungen erfüllen:
- ceiling mindestens 2000ft oder circling height + 500ft, whichever is greater
- visibility mindestens 5km

Fall 2:
Der Bestimmungsflugplatz ist abgelegen und ein geeigneter Ausweichflugplatz ist nicht vorhanden.

EU-OPS 1.295(d) beschreibt dann noch die Regulationen, wann zwei destination alternate aerodromes ausgewählt werden müssen.

Folgerung:
Ob häufig angewandt oder nicht, in Europa ist es erlaubt auch ohne destination alternate zu operieren. Dies vereinfacht die Planung und spart Treibstoff.

Wer das ganze nochmals nachlesen möchte, hier sind die Quellen:
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/Lex…20080920:de:PDF
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex…001:0238:EN:PDF

Leider habe ich nichts offizielles gefunden und hoffe so, dass diese Dokumente noch dem neuesten Stand entsprechen.