- Offizieller Beitrag
„Im Regelfall beginnen junge Piloten ihre Karriere bei einer Regionalairline und schaffen mit etwas Glück später den Sprung in ein Konzerncockpit.“
So sollte es sein, aber ich verstehe die Aufregung nicht (Achtung Sarkasmus).
Auch hier im Forum lese ich des Öfteren Statements wie: „Geil, für 23 Euro nach London“.
An der einen Seite regt man sich auf das so viele Piloten arbeitslos sind, auf der anderen Seite wird das restliche Personal vergessen. Denn folgende Rechnung liegt doch wohl auf der Hand: Weniger Piloten = weniger Flüge = weniger Flughafenpersonal… Um dann Charter und andere Flüge noch abhandeln zu können, werden die meist zuvor entlassenen Festangestellten über Zeitarbeitsfirmen billig zurück gemietet. Alle sind Glücklich! Der Passagier, den der Flug ist billig, der Flughafen, das Personal ist billig, die Airline, den die Gebühren sind günstig, der Pilot… ach ja, da war ja noch was.
Warum sollten Piloten fest angestellt sein, wenn die ganzen anderen, die den Flieger in die Luft bringen für ein Scheissgehallt und unmöglichen Zeiten, ohne Zulagen und ohne feste Anstellung arbeiten müssen? Immerhin, wenn der eine Loader die Koffer nicht in die stinkenden Frachträume einer 737 laden kann, weil er es im Rücken hat, wird er halt nach Hause geschickt, liegt dem Staat auf der Tasche und aus der Zauberdose Zeitarbeitsfirma gibt’s nen Frischen. Arbeitskräfte genug.
Na klar, die Gewerkschafft. Wir erinnern uns. Die Französische Cockpitgewerkschaft hat erfolgreich 2 Wochen gestreikt, als Air France KLM vor hatte einen Teil des Europa Geschäfts auf Transavia mit festangestellten, wenngleich niedriger bezahlten Kutschern ab zu schieben. Was hat das noch gekostet?
Die Schuld an diesen Zuständen sehe ich in 2 Faktoren.
1. Der Kunde nimmt (mit Recht) den günstigsten Flug. Irgendwie muss der aber zu Stande kommen.
2. Die Gehälter der (alten) Piloten waren noch auf anderen Grundlagen basiert als heut zu Tage und die Gewerkschaften sind nicht bereit hier Zugeständnisse zu machen. Also müssen wir warten bis die Dinosaurier der Luftfahrt ausgestorben sind um wieder Festverträge mit realistischer Entlohnung ab zu Schließen. So lange werden einige Airlines pleitegehen, die jungen Piloten für Zeitarbeitsfirmen arbeiten und andere Festverträge werden Seltenheitswert haben.
Ach ja, die Globalisierung mit günstigen Arbeitskräften aus Asien dürfen wir auch nicht vergessen. Warum soll nur auf dem Bau polnisch gesprochen werden und nicht im Cockpit Chinesisch???
Ich kann Euch da was Empfehlen:
Kaufen Sie noch ein Los, bevor wir abstürzen: Aus Meinem Alltag Als Pilotin Bei Einer Billig-Airline
Piloten sind braun gebrannte Haudegen mit Sonnenbrille, die cool die Flieger durch die Lüfte steuern und von einem Traumziel zum nächsten jetten. So denkt man sich das. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Julia November, eine der wenigen aktiven Pilotinnen in Deutschland, berichtet aus ihrem Berufsalltag. Von den netten Kollegen, die ihr beim Einparken am Gate helfen wollen, von durchgeknallten Cabin Crews, die bei Turbulenzen hysterisch werden, anstatt die Passagiere zu beruhigen, und vom alltäglichen Wahnsinn bei einer Billig-Airline. Vom Gepäckgewicht, dessen Überschreitung im Grammbereich zu Dramen beim Einchecken führt, über Musikterror beim Boarding bis hin zum Sparzwang bei den Getränkeautomaten in der Mitarbeiterkantine. Garantiert wird man vieles aus dem Buch beim nächsten preisgünstigen Flug in der Realität wiedererkennen.